Bauernverband fordert deutliche Reduzierung der Wolfspopulation
Der Deutsche Bauernverband (DBV) fordert eine deutliche Reduzierung der Wolfspopulation in Deutschland. Der Bestand wachse derzeit "ungebremst" und habe "ein Mehrfaches des günstigen Erhaltungszustandes erreicht", erklärte am Freitag der DBV-Umweltbeauftragte Eberhard Hartelt. "Gleichzeitig werfen die Weidetierhalter in der Fläche das Handtuch, weil deren Probleme nicht ernst genommen werden." Umwelt- und Tierschützer kritisierten die aktuelle Debatte als "Klientelpolitik und Panikmache".
Im Jahr 2021 wurden nach Angaben des Bauernverbandes 3374 Weidetiere von Wölfen gerissen oder verletzt oder seien verloren gegangen. Dafür verantwortlich sei eine Population von mehr als 2000 Tieren, die in dieser Größe und "als Teil der baltisch-osteuropäischen Population" nicht als gefährdet angesehen werden könne.
Wölfe waren in Deutschland im 19. Jahrhundert ausgerottet worden. Im Jahr 2000 siedelte sich nach 150 Jahren das erste Rudel wieder in der sächsischen Lausitz an. Seitdem nimmt der Bestand zu. Nach Angaben des Wolfmonitorings des Nabu gab es in Deutschland zum Ende des vergangenen Jahres 161 Wolfsrudel mit im Schnitt acht Tieren, 43 Paare und 21 sesshafte Einzeltiere, die sich in den ostdeutschen Bundesländern sowie in Niedersachsen konzentrieren.
Der Bauernverband fordert die Bundesregierung nun unter anderem auf, den "günstigen Erhaltungszustand" des Wolfs an die EU-Kommission zu melden. Außerdem sollten "Entnahmequoten" festgelegt und mit der "unverzüglichen und unbürokratischen Entnahme" problematischer Tiere begonnen werden. "Entnahme" kann Fangen von Tieren bedeuten, aber auch das Töten. Auch sollten "wolfsfreie Gebiete" ausgewiesen werden.
Wölfe, die "auffällig" werden, sollten "sofort abgeschossen werden können", sagte Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) dem NDR. Ansonsten werde es künftig keine Weidetierhaltung in den betroffenen Bundesländern mehr geben. "Ich erwarte von der Bundesregierung jetzt wirklich Taten."
Der DBV veranstaltete am Freitag mit Landwirten, Experten und Politikern einen "Wolfsgipfel". Unter anderem stellte Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) "Strategien" aus ihrem Bundesland vor. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte angekündigt, das Abschießen von Wölfen per Verordnung zu erleichtern.
Der Deutsche Tierschutzbund kritisierte dies als "weder rechtskonform, noch praxistauglich, also nur Wahlkampfrhetorik und heiße Luft". Mehr Abschüsse von Wölfen könnten sogar zu mehr Problemen führen, weil Rudelstrukturen zerstört würden. In Frankreich etwa gebe es weniger Wölfe, mehr Abschüsse und dennoch deutlich höhere Risszahlen als in Deutschland. "Die einzige tierschutzgerechte und nachhaltige Methode, um Weidetiere vor Wölfen zu schützen, sind hinreichende Herdenschutzmaßnahmen wie Elektrozäune, Herdenschutzhunde oder Nachtpferche", erklärten die Tierschützer.
Söder verwies neben der Problematik gerissener Nutztiere auf potenzielle Gefahren des Wolfes für Menschen. Die geplante Änderung der derzeit gültigen Rechtslage erklärte er auch mit dem Fall eines Joggers in Südtirol, der von einer Bärin getötet worden war. Angriffe von Wölfen auf Menschen sind extrem selten und stehen fast immer im Zusammenhang mit Tollwut, die in Deutschland seit Jahren als ausgerottet gilt.
pe/ilo