Baerbock schaltet sich bei Golf-Besuch in Jemen-Diplomatie ein

Am zweiten Tag ihres Besuchs in Saudi-Arabien hat Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) den Krieg im Nachbarland Jemen in den Fokus gerückt. Sie forderte die am Jemen-Krieg beteiligten Akteure auf, einen Waffenstillstand auszuhandeln.
Am zweiten Tag ihres Besuchs in Saudi-Arabien hat Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) den Krieg im Nachbarland Jemen in den Fokus gerückt. Sie forderte die am Jemen-Krieg beteiligten Akteure auf, einen Waffenstillstand auszuhandeln.

Seit fast zehn Jahren herrscht im Jemen Bürgerkrieg - doch die Annäherung der rivalisierenden Golf-Mächte Saudi-Arabien und Iran weckt inzwischen Hoffnungen auf eine Linderung des Leids der Zivilbevölkerung. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sprach am Dienstag bei ihrem Besuch im saudiarabischen Dschiddah von einem "Hoffnungsschimmer" und sagte die Unterstützung Deutschlands für die regionale Friedensdiplomatie zu. Zugleich richtete sie einen Appell an die internationale Gemeinschaft: "Wir dürfen diese humanitäre Krise nicht aus dem Blick verlieren."

Baerbock äußerte sich nach Treffen mit dem UN-Koordinator für humanitäre Hilfe im Jemen, David Gressley, und dem jemenitischen Außenminister Ahmed bin Mubaraka in Dschiddah. Im Jemen-Konflikt gebe es nun endlich einen "Hoffnungsschimmer", sagte Baerbock. "Mir ist es wichtig, dass aus dem Schimmer etwas mehr Licht wird." Die aktuellen Gespräche zwischen Saudi-Arabien und den vom Iran unterstützen schiitischen Huthi-Rebellen seien "ein erstes wichtiges Zeichen", sagte die Ministerin - und fügte ein Aber hinzu: "Für einen dauerhaften Frieden braucht es deutlich mehr."

Aus Baerbocks Umfeld verlautete, dass die Lage im Jemen-Konflikt nach wie vor "sehr schwierig" sei - "vor allem, weil das Misstrauen durch den langen Konflikt tief sitzt". Die aktuelle diplomatische Rolle Saudi-Arabiens sei aber von beiden Gesprächspartnern als "konstruktiv" gewertet worden.

Saudi-Arabien und Iran unterstützen im Jemen-Krieg unterschiedliche Seiten - Riad die international anerkannte Regierung, Teheran die Huthis. Saudi-Arabien ist seit 2015 selbst Kriegspartei. Seine Luftwaffe flog Angriffe im Jemen, denen nach Angaben von Menschenrechtsgruppen tausende jemenitischer Zivilisten zum Opfer gefallen sind. Das Königreich zeigt nun aber Bestrebungen, sich aus dem kostspieligen und festgefahrenen Konflikt zurückzuziehen.

Der Krieg hat im Jemen eine der aktuell schlimmsten humanitären Krisen weltweit ausgelöst. Von den 32,6 Millionen Einwohnern des Landes im Süden der Arabischen Halbinsel sind nach UN-Schätzung 21,6 Millionen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Die Zahl der Binnenvertriebenen liegt bei mehr als drei Millionen Menschen.

Baerbock bezeichnete die anhaltende Behinderung humanitärer Hilfsleistungen im Jemen als eines der aktuell drängendsten Probleme. "Wir können noch nicht alle Menschen mit Hilfe erreichen", sagte sie.

Neben bürokratischen Hemmnissen steht die so genannte Mahram-Regel einer effektiven Hilfsleistung für viele Menschen im Wege. Die Mahram-Regel, die vor allem in den Huthi-Gebieten durchgesetzt wird, erlaubt es jemenitischen Frauen nicht, ohne einen männlichen Verwandten zu reisen. Vielen weiblichen humanitären Lokalkräften ist es deswegen kaum möglich, ihrer Arbeit nachzugehen.

Baerbock drängte bei ihren Jemen-Gesprächen nach Angaben aus Delegationskreisen darauf, dass eine politische Lösung des Konflikts "nur unter Berücksichtigung der Perspektiven der weiblichen Bevölkerung" stabil sein könne.

Deutschland engagiert sich mit Nothilfe im Jemen und ist dort nach Angaben der Bundesregierung einer der größten humanitären Geldgeber. Im vergangenen Jahr stellte Deutschland rund 198 Millionen Euro für die Jemen-Hilfe bereit. Die UNO schätzt den humanitären Finanzierungsbedarf auf knapp vier Milliarden Euro im Jahr, wovon aktuell nur etwa 20 Prozent durch Zusagen gedeckt sind.

Baerbock sprach in ihren Unterredungen auch die drohende Umweltkatastrophe durch die havariebedrohte Ölverladeplattform FSO Safar vor Jemens Küste an. Sie rief insbesondere die Nachbarländer dazu auf, mit Unterstützung zur "Verhinderung dieser Katastrophe" beizutragen. Deutschland habe dafür bereits zwölf Millionen Euro bereit gestellt.

Nach ihren Gesprächen in Dschiddah traf Baerbock am Dienstagnachmittag zu einem Besuch im Emirat Katar ein. Zunächst war ein Gespräch zur Lage der rund 2,6 Millionen ausländischen Arbeitsmigranten in dem Land geplant. Baerbocks politische Gespräche mit dem Außenminister und dem Emir von Katar sind für Mittwochvormittag anberaumt.

pw/ju