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Arbeitsorganisation sieht wegen Corona wachsenden Druck auf Löhne

GENF (dpa-AFX) - Die Corona-Pandemie kann nach einem Überblick der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) den Druck auf Löhne deutlich erhöhen. Die Gefahr niedrigerer Löhne gelte in einer deutlichen Mehrheit der Länder, für die entsprechende Daten verfügbar seien, teilte die ILO am Mittwoch in Genf mit. Vor allem die Löhne von Frauen und ohnehin schlecht bezahlten Arbeitern seien unverhältnismäßig stark betroffen. Obendrein sei der in einigen Ländern auftretende Effekt eines leichten Lohnzuwachses zum großen Teil dem Umstand geschuldet, dass schlecht bezahlte Arbeiter ihren Job verloren hätten und so den Durchschnitt nicht mehr verringerten.

Schätzungen der ILO für insgesamt 28 europäische Staaten gingen davon aus, dass Frauen - ohne staatliche Ausgleichszahlungen - im zweiten Quartal 2020 um 8,1 Prozent niedrigere Löhne gehabt hätten. Bei Männern liege das Minus bei 5,4 Prozent. In Teilen des Niedriglohnsektors wären die Löhne laut ILO um 17,3 Prozent gesunken, wenn der Staat nicht für Ausgleich gesorgt hätte.

"Mit dem durch die Covid-19-Krise verursachten Anwachsen der Ungleichheit droht ein Vermächtnis von Armut und sozialer und wirtschaftlicher Instabilität, das verheerend wäre", sagte ILO-Chef Guy Ryder. Bei einem wirtschaftlichen Aufschwung gelte es, die Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. "Wir müssen uns auch den unangenehmen Fragen stellen, warum Jobs mit hohem sozialen Wert wie Pfleger und Lehrer sehr oft schlecht bezahlt sind", sagte Ryder.

Die ILO wies in ihrem Report zudem darauf hin, dass weltweit rund 266 Millionen Menschen - etwa 15 Prozent der weltweiten Arbeitnehmerschaft - schon vor der Corona-Krise nicht den jeweils gesetzlich geregelten Mindestlohn erhalten hätten. Dabei müsse der Mindestlohn eine zentrale Rolle auch beim Erholungsprozess der Wirtschaft nach der Corona-Krise spielen. Ein ILO-Überblick über die Lohnentwicklung der Jahre 2016 bis 2019 zeigt, dass die Löhne weltweit zwischen 1,6 und 2,2 Prozent stiegen. Besonders in Asien war das Einkommensplus laut ILO zu spüren, weniger in Nordamerika und Europa.