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"Die Altenpflege ist genauso Teil meines Lebens wie die Musik"

Die Freude war riesig, aber die große Party blieb aus: Ein Jahr nach ihrer erster ersten Nummer eins erinnert Daniela Alfinito, Tochter von Bernd Ulrich (Die Amigos), sich an den Moment ihres bislang größten Erfolgs - und sie erklärt, warum sie weiterhin an ihrem Job als Altenpflegerin hängt.

Rote Teppiche interessieren sie nicht, teure Uhren auch nicht. Vor einem Jahr landete Daniela Alfinito, Tochter von Bernd Ulrich (Die Amigos), mit dem Album "Du warst jede Träne wert" ihre erste Nummer eins, wobei sie unter anderem Herbert Grönemeyer und Udo Lindenberg von der Chartspitze verdrängte. Und dann? Dann ging sie weiter ihrem Beruf als Altenpflegerin nach, an dem die 48-Jährige bis heute sehr hängt. Erfolg hin oder her, es bleibt dabei: Unter der Woche wird im Heim gearbeitet, gesungen wird nur am Wochenende. Ob sich ihr Leben nach ihrem großen Triumph trotzdem ein wenig verändert hat, ob sie sich jetzt als Star fühlt und was sie sich von ihrem neuen Album "Liebes-Tattoo" (erhältlich ab 3. Januar) erhofft, verrät die Schlagersängerin im Interview.

teleschau: Mit "Du warst jede Träne wert" landeten Sie Anfang 2019 Ihre erste Nummer eins. Sind Sie jetzt ein Schlagerstar?

Daniela Alfinito: Ich möchte kein Star sein. Ich gehe einfach raus auf die Bühne und singe meine Lieder, um die Menschen glücklich zu machen, und ich habe mich noch nie als Star gefühlt.

teleschau: Ist der Ruhm Ihnen völlig egal?

Alfinito: Zumindest das Star-Sein spielt für mich überhaupt keine Rolle. Ich bin ein ganz normaler Mensch, der morgens zur Arbeit geht und dann eben am Wochenende frei hat und singt.

teleschau: Das klingt sehr zurückhaltend angesichts Ihres jüngsten Erfolgs. Immerhin war Ihre Nummer eins in vielen Medien eine große Schlagzeile.

Alfinito: Natürlich. Eine Altenpflegerin ist auf Platz eins und schießt mal eben Grönemeyer und Lindenberg weg, zwei Musiker, vor denen ich den allergrößten Respekt habe: Ich war selbst überrascht, und es dauerte lange, bis ich das richtig realisierte. Aber irgendwann kriegst du es dann ja auch hautnah mit. Sämtliche Zeitungen kommen und wollen Interviews führen und du denkst: "Oh Gott! Wie bekomme ich das jetzt alles unter einen Hut?".

teleschau: Können Sie sich noch an den Moment erinnern, als Sie von Ihrem großen Triumph erfuhren?

Alfinito: Selbstverständlich. Ich saß gerade im Auto auf dem Weg zur Autogrammstunde und dann rief mich mein Vater aus seinem Urlaub an: "Du bist auf Platz eins, du hast es geschafft." Was mir da alles durch den Kopf ging! Ich kannte mich in dem Moment überhaupt nicht aus und hatte keine Ahnung, was ich machen soll. Ich dachte mir: Okay, jetzt machst du erst einmal deine Autogrammstunde, und dann sehen wir, was passiert. Und dann riefen alle an, um mit dem Amigos-Mädchen zu sprechen ...

teleschau: Hat der plötzliche Rummel Sie überfordert? War Ihnen das zu viel?

Alfinito: Nein, gar nicht. Ich habe es einfach genossen, jetzt auch mal im Mittelpunkt zu stehen. Und noch dazu mit so einem Chart-Erfolg! Das war auf jeden Fall ein schönes Gefühl.

"Wir halten als Familie zusammen, das war schon immer so"

teleschau: War es für Sie auch eine Genugtuung, endlich einmal aus dem Schatten der Amigos treten zu können?

Alfinito: Ich habe immer gesagt: Ich mache mein Ding und sehe, was kommt. Ich war zehn Jahre unterwegs neben meinem Beruf als Altenpflegerin - teils mit recht wenigen Auftritten. Aber ich denke, in den letzten drei, vier Jahren habe ich mir schon einen Namen gemacht. Natürlich werde ich immer noch mit den Amigos verglichen, aber das empfinde ich nicht als schlimm oder abwertend. Die sind nun mal mein Vater und mein Onkel. Ich schätze sie sehr und sie haben mir ja auch viel beigebracht und mir bei vielem geholfen. Wir haben zwar jeweils unsere eigenen Karrieren. Aber beim Amigos-Fest bin ich auch immer mit auf der Bühne; am vierten Advent gaben wir bei uns daheim in Hungen gemeinsam ein Weihnachtskonzert - wir halten als Familie zusammen, das war schon immer so.

teleschau: Sie sagen, dass die Amigos Ihnen bei vielem helfen. Können Sie konkrete Beispiele nennen?

Alfinito: Mein Vater etwa gestaltet jedes Jahr mit mir das Albumcover. Wir machen die Bilder, dann sage ich meinem Vater, wie ich das haben möchte, und dann sitzen wir tagelang daran, das zu erarbeiten. Er hat auch schon einige Songs für mich geschrieben, auch für das neue Album "Liebes-Tattoo". Ich bin also total froh, dass ich die beiden hinter mir habe.

teleschau: Nachdem Sie so lange auf Ihren Erfolg hinarbeiteten: Haben Sie sich, als Sie von Chartplatz eins erfuhren, irgendetwas Besonderes gegönnt?

Alfinito: Gegönnt habe ich mir nichts, nein. Ich war einfach nur glücklich. Das war mehr als ich mir erträumt hatte. Außerdem war zum Feiern auch kaum Zeit. Schließlich ging direkt der komplette Lauf los mit Interviews und verschiedenen Schlagershows und Fernsehsendungen, die Schlange standen. In dem Moment kommst du gar nicht auf den Gedanken, dir selbst etwas Gutes zu tun.

teleschau: Aber irgendwie müssen Sie doch mal auf die Pauke hauen - an einem solchen Erfolg verdient man ja auch ein wenig.

Alfinito (lacht): Nein, wir hauen nicht auf die Pauke. Durch eine Nummer eins alleine wirst du auch nicht zum Millionär, da haben viele Menschen ein falsches Bild. Abgesehen davon waren wir schon immer bescheiden. Wenn ich mir mal schöne Klamotten oder ein wenig Einrichtung kaufen kann, bin ich schon happy. Ich habe ein Haus, wohne direkt am Wald - viel mehr brauche ich nicht.

teleschau: Viele andere Musiker in Ihrer Situation würden, auch wenn Sie nicht gleich Millionär werden, sagen: So, erste Nummer eins, morgen kaufe ich mir die Rolex.

Alfinito: Dann sollen sie die Rolex kaufen. Die läuft auch nicht anders als eine andere Uhr.

teleschau: Inzwischen liegt die Veröffentlichung von "Du warst jede Träne wert" ein Jahr zurück. Wie hat Ihr Leben sich in der Folge verändert?

Alfinito: Eine Veränderung gab es vor allem dahingehend, dass ich jetzt ein Management habe. Ich packe es nicht mehr alleine, weil es inzwischen natürlich auch viel mehr Auftritte gibt, die organisiert und abgesprochen werden müssen. Und wenn ich irgendwo hinkomme, erkennen mich die Menschen auch öfter und sagen: "Aha, das ist doch Daniela Alfinito ..."

"Ich brauche keine roten Teppiche - das ist nicht mein Ding"

teleschau: Mit Telamo wirkt aber auch eine große Plattenfirma im Hintergrund. Gibt es von der Seite jetzt höhere Erwartungen oder mehr Menschen, die Ihnen reinreden wollen?

Alfinito: Nein, auf keinen Fall - das würde ich auch nie zulassen. Ratschläge höre ich mir gerne an, aber am Ende entscheide ich. Ich mache mein Ding weiter so, wie ich es immer gemacht habe, und das ist für die Plattenfirma völlig in Ordnung.

teleschau: Haben Sie den Eindruck, dass Sie in der Schlagerwelt seit dem durchschlagenden Erfolg von "Du warst jede Träne wert" anders wahrgenommen werden? Gibt es jetzt mehr Einladungen und mehr Partys?

Alfinito: Naja, für die Partys sind ja die Auftritte am Wochenende da - wenn ich da Kollegen wie die Schlagerpiloten und meine Fans treffe, haben wir auch jede Menge Spaß. Und unter der Woche gehe ich dann wieder ganz normal arbeiten. Ich bin ehrlich gesagt auch um jeden Tag froh, den ich zu Hause bin. Ich brauche keine roten Teppiche - das ist nicht mein Ding.

teleschau: Sie sprachen es bereits an: Obwohl Sie als Musikerin zuletzt den größtmöglichen Erfolg feierten, arbeiten Sie weiterhin als Altenpflegerin. Wissen Ihre Bewohner alle, wen sie da vor sich haben?

Alfinito: Es gibt einen Bewohner, der schon seit Jahren alle Zeitungsartikel über mich und die Amigos sammelt. Viele andere sind dement oder bekommen das nicht mehr so mit. Aber natürlich gibt es dann auch viele Angehörige, die mich ansprechen und fragen, warum ich noch arbeite.

teleschau: Was antworten Sie dann?

Alfinito: Ja warum soll ich denn nicht weiter arbeiten gehen? Die Altenpflege ist genauso Teil meines Lebens wie die Musik. Was soll ich denn die Woche über zu Hause sonst anstellen, wenn nicht gerade ein Interview ansteht?

teleschau: Fünfmal pro Woche ausschlafen vielleicht?

Alfinito: Nein, ich bin kein Langschläfer. Abgesehen davon arbeite ich inzwischen seit 28 Jahren im Altenheim und ich kann mir kein anderes Leben vorstellen, als morgens aufzustehen und diesem Job nachzugehen. Man weiß ja außerdem auch nicht, was später einmal mit einem selbst ist. Vielleicht ist man froh, wenn man später so ein Angebot nutzen kann. Und: Auch alte Menschen haben noch Wünsche und Bedürfnisse. Jeder alte Mensch ist auch mal traurig, wenn er keinen Besuch bekommt. Es ist verdammt noch mal unsere Pflicht, diese Wünsche und Bedürfnisse zu erkennen und zu versuchen, diese Menschen glücklich zu machen, indem wir zusätzlich zur Pflege auch Aufmerksamkeit und Zuwendung schenken. Deshalb liegt mir auch so viel an dieser Arbeit.

teleschau: Wenn nun das neue Album "Liebes-Tattoo" erscheint, schauen Sie dann mehr auf die Charts als früher?

Alfinito: Nein. Ich habe auch keine Erwartungen dahingehend, wo das Album landen soll. Natürlich wäre es schön, wenn es wieder so gut angenommen würde wie "Du warst jede Träne wert". Mit meinem Produzenten Michael Dorth liefere ich wieder ein tolles Produkt ab, bei dem ich mir sehr viel Mühe gegeben habe, aber darüber hinaus mache ich mich nicht verrückt. Wo ich lande, da lande ich.