Acht Filmfehler, die zeigen, dass Hollywood keine Ahnung von Medizin hat

Split – Bild: Rex_Shutterstock
Split – Bild: Rex_Shutterstock

Filmemacher reden immer davon, nach Authentizität zu streben – aber wenn es um Krankheiten und medizinische Verfahren im Film geht, scheint das nicht immer der Fall zu sein. Anlässlich des Kinostarts des Thrillers „Split“ über multiple Persönlichkeiten fragten wir den Experten für Pharmakologie und Neurowissenschaften Professor Alasdair Gibb und den Chirurgen Dr. Ralph Massey aus Los Angeles, in welchen Punkten sich Hollywood irrt.

Jemand mit Heroin-Überdosis kann nicht mit einer Adrenalinspritze ins Herz gerettet werden wie in „Pulp Fiction“

„Pulp Fiction“ – Bild: Miramax
„Pulp Fiction“ – Bild: Miramax

Wir alle kennen die Szene: Travolta trägt Uma Thurman nach ihrer unbeabsichtigten Heroin-Überdosis in das Haus von Eric Stoltz und holt sie zurück ins Leben, indem er ihr eine große Adrenalin-Spritze ins Herz rammt.

„Die arme Uma wäre gestorben, es hätte bei den Opiaten nichts geholfen“, sagt Professor Gibb. „Opiate töten die Menschen, indem sie die Atmung lähmen. Das hat einen neurowissenschaftlichen Grund und hat nichts mit dem Herz zu tun. Man sollte ihr einen Morphin-Antagonisten namens Naloxon zu verabreichen.”

Es gibt kein Wahrheitsserum

„Die Kanonen von Navarone“ – Bild Getty
„Die Kanonen von Navarone“ – Bild Getty

James Bond bekam es verabreicht, und daneben auch noch zahlreiche andere gefangene Filmspione.

In „Die Kanonen von Navarone“ injiziert man Anthony Quayle Scopolamin, das ursprünglich als sogenannte „Wahrheitsdroge“ getestet wurde. Das einzige Problem daran ist, dass es den gegenteiligen Effekt hätte.

„Scopolamin wird als Antiemetikum eingesetzt und hilft gegen Reisekrankheiten“, sagt Professor Gibb. „Doch es hat den leichten Effekt, das Gedächtnis zu verschlechtern. [Jemandem] Scopolamin zu verabreichen würde also wahrscheinlich nicht dazu führen, dass er er Ihnen seine Geheimnisse verrät, stattdessen würde er sie vermutlich vergessen.“

Gibb fährt fort: „Ein Wahrheitsserum ist Humbug. Es gibt nichts, was man anderen verabreichen könnte, um ihre Fähigkeit zur Unterscheidung von Fakt und Fiktion zu überschreiben. Alles, was man ihnen verabreichen würde, würde sie einfach nur verwirren. Es wäre genauso wahrscheinlich, dass sie Ihnen etwas völlig frei Erfundenes als Staatsgeheinisse verraten.“

Wenn Sie nach einem vierjährigen Koma à la „Kill Bill“ aufwachen, sind Ihre Beine Pudding und sie werden keinen Kampf gewinnen

„Kill Bill Vol. 1“ – Bild: Miramax
„Kill Bill Vol. 1“ – Bild: Miramax

Bei Quentin Tarantino kann Uma Thurman nach dem Aufwachen nicht laufen, aber wieso sollte es bei ihren Armen anders sein? Stattdessen ist sie stark genug um zwei Menschen zu töten und sieht dabei noch immer schön aus. Leider unmöglich.

„Nach einem vierjährigen Koma ist man ausgemergelt, hätte vermutlich schreckliche Druckstellen vom Liegen und wäre unglaublich schwach“, sagt Dr. Massey. „Man würde eine Woche Physiotherapie benötigen, um wieder auf die Beine zu kommen.“

Die Menschen, die in „Outbreak – Lautlose Killer“ geheilt wurden, hätten sich vermutlich am nächsten Tag wieder mit dem Virus infiziert

„Outbreak – Lautlose Killer“ – Bild: Rex_Shutterstock
„Outbreak – Lautlose Killer“ – Bild: Rex_Shutterstock

Diese Erklärung ist etwas komplexer, aber im Grunde läuft es darauf hinaus, dass die Wissenschaftler im Film ein Antiserum entwickeln, um das Ebola-ähnliche Motaba-Virus zu „heilen“, anstatt einen Impfstoff zu entwickeln, der jeden dagegen immun macht und die Ausbreitung stoppt.

„Wenn man die Antikörper eines Affen in den Patienten injizieren würde, könnte das möglicherweise das Virus ausmerzen“, sagt Professor Gibb. „Das Problem daran ist, dass unser eigenes Immunsystem diese Antikörper als Fremdkörper betrachten würde, daher würde unser Immunsystem sofort damit beginnen, diese Antikörper zu zerstören.“

Womöglich werden sie morgen wieder dem Virus ausgesetzt und Sie infizieren sich erneut. Das ist nicht dasselbe wie Immunisierung.“

Wenn Sie sich selbst einen Kaiserschnitt verpassen, wie in „Prometheus – Dunkle Zeichen“, ist es sehr unwahrscheinlich, dass Sie sofort schnell genug laufen könnten, um Aliens zu entkommen

„Prometheus“ – Bild: 20th Century Fox
„Prometheus“ – Bild: 20th Century Fox

Jeder, der auch nur den kleinsten chirurgischen Eingriff in der Bauchregion hinter sich hat, ganz zu schweigen von einem Kaiserschnitt, weiß, wie lächerlich das ist – obwohl wir vermuten, dass Regisseur Ridley Scott es auf die Tatsache schieben wird, dass Noomi Rapace Weltraummedizin benutzt, oder etwas in der Art.

Rapaces Figur Shaw verwendet einen mechanischen Roboter-Chirurgen, um die Bestie zu entfernen und sie danach mit Metallklammern zusammenzunähen. Doch, wie Dr. Massey sagt: „[Kaiserschnitt] ist deutlich komplexer, als ein Bein abzuschneiden, aber davon ganz abgesehen springt man nicht 10 Minuten später wieder auf, sogar mit einem oder zwei [Schmerzmitteln]!“

Es ist kontrovers, ob eine multiple Persönlichkeitsstörung überhaupt existiert

Split – Bild: Rex_Shutterstock
Split – Bild: Rex_Shutterstock

Seit „Eva mit den drei Gesichtern“ von 1957 ist die multiple Persönlichkeitsstörung, auch bekannt als dissoziative Identitätsstörung, ein ausgelutschtes Thema in Hollywood.

In M. Night Shyamalans Thriller „Split“ kam es erneut zum Einsatz. James McAvoy spielt darin eine Figur mit 24 verschiedenen Persönlichkeiten. Das Problem dabei ist, dass dieser Zustand unter Gesundheitsexperten noch immer kontrovers diskutiert wird.

Professor Gibb hat seine Zweifel: „Ich habe das Gefühl, dass es nicht real ist. [Es tritt auf], weil das Verhalten einer Person wegen gewisser Umstände übertriebene Änderungen durchmacht.“

Er legte nahe, das Problem könnte an der Diagnose liegen, oder es könnte etwas sein, an das der Patient glaubt und daher real für ihn ist.“

Andernfalls sei es seiner Meinung nach „naheliegender, dass es der Extremfall des Spektrums ist. An manchen Tagen wache ich auf und könnte die Welt umarmen und an anderen Tagen nicht. Es ist nicht so ein großer Unterschied. Doch bei einigen Menschen könnte es einen gewaltigen Unterschied zwischen diesen beiden Polen geben und diese Phasen könnten lange genug dauern, um den Anschein zu erwecken, die Person hätte zwei Persönlichkeiten.“

Wer einen Herzstillstand hat, kann nicht einfach wieder mit dem Defibrillator ins Leben zurückgeholt werden

„Flatliners – Heute ist ein schöner Tag zum Sterben“ – Bild: Rex_Shutterstock
„Flatliners – Heute ist ein schöner Tag zum Sterben“ – Bild: Rex_Shutterstock

Es kommt schon seit Ewigkeiten in Filmen vor, von „Flatliners – Heute ist ein schöner Tag zum Sterben“ bis zu „Abyss – Abgrund des Todes“: Das morbide Piepen der Herzmaschine und eine gerade Linie auf dem Monitor, auf die der Einsatz des Defibrillators folgt, um den Patienten per Stromstoß ins Leben zurückzuholen.

Bloß, dass es so nicht funktioniert. „Der Defibrillator wird bei Kammerflimmern eingesetzt“, sagt Dr. Massey. „Auf dem Monitor sieht man eine flimmernde, gezackte Linie. Bei einer flachen Linie hat man einen Herzstillstand, der medikamentös, etwa mit Adrenalin behandelt wird, nicht durch einen Stromstoß mittels Defibrillator.”

Mit anderen Worte: Diese Sache mit der Nadel aus „Pulp Fiction“? Das ist der Moment, in dem man sie anwenden sollte.

Bei einer echten Geburt ist viel mehr Kacke involviert

„Beim ersten Mal“ – Bild: Universal
„Beim ersten Mal“ – Bild: Universal

Tut uns leid, aber es ist wahr. Eine Geburt ist wundervoll und erstaunlich und furchteinflößend und eklig.

Auf gewisse Weise ist es überraschend, dass Judd Apatow in „Beim ersten Mal“ nicht die Gelegenheit nutzte, zu zeigen, wie Katherine Heigls Figur in der Geburtsszene ihren Darm entleert. Aber wir nehmen an, das wäre sogar für ihn zu weit gegangen.

Ben Falk