Abgelehnt und abgeschoben – "Deportation Class" greift heikles Thema auf

Es gibt Geflüchtete, deren Asylanträge bewilligt werden, und solche, die abgelehnt werden. Was passiert aber mit Menschen, die aus ihrer Heimat geflohen sind, deren Herkunftsland aber von den Behörden als nicht gefährlich genug betrachtet wird? Sie werden wieder ausgewiesen. Wie diese Abschiebepraxis in Deutschland im Einzelnen aussieht, das ist Thema der preisgekrönten Dokumentation “Deportation Class” von Carsten Rau und Hauke Wendler.

Dem Film vorausgegangen war die Fernseh-Dokumentation “Protokoll einer Abschiebung”, den Wendler für die NDR-Doku-Reihe “45 Min” inszeniert und für “Deportation Class” neu bearbeitet und in Teilen neu gedreht hat. Hier wie da wird deutlich: Es ist ein heikles Thema, das die Regisseure aufgreifen. Was sich auch daran abzeichnet, dass beide Filme zu den wenigen gehören, die sich detailliert mit der Abschiebepraxis in Deutschland auseinandersetzen.

Szene aus “Deportation Class” (Bild: Pier 53)
Szene aus “Deportation Class” (Bild: Pier 53)

Massenabschiebung in Mecklenburg-Vorpommern

Oder daran, dass die Politik das Thema am liebsten unter den Teppich kehrt. Dass man abgelehnte Asylbewerber in ihre Heimatländer wieder zurückführt, das wird durchaus und gerne der Öffentlichkeit kommuniziert. Die Art und Weise aber, wie dies geschieht, soll am liebsten “aus der Berichterstattung herausgehalten” werden, wie Regisseur Wendler frustriert feststellte. Kein Wunder. Denn Abschiebungen mögen zwar gesetzlich legitimiert sein, deren Durchführung will einem demokratischen Land aber so gar nicht gut zu Gesicht stehen. Diese Diskrepanz geht aus “Protokoll einer Abschiebung” und noch mehr aus “Deportation Class” unmissverständlich hervor.

Rau und Wendler hatten die Gelegenheit eine Massenabschiebung von 200 abgelehnten Asylbewerbern von Mecklenburg-Vorpommern nach Albanien zu begleiten. Dabei zeigen die Filmemacher den gesamten Abschiebeprozess – angefangen von der monatelangen Planung in den Behördenzimmern bis hin zur unnachgiebigen Umsetzung in den späten Nächten.

Bild: Pier 53
Bild: Pier 53

Zurück ins sichere Herkunftsland?

Im Fokus stehen nicht nur die Geflüchteten, die nach einjähriger Ausreisefrist dennoch in Deutschland geblieben sind und nun zwangsausgewiesen werden müssen. Unter ihnen: die Familie von Elidor und Angjela H., die in ihrer Heimat eine Blutrache erwartet; ihr Vater hatte dort einen Menschen getötet, weshalb jemand aus seiner Familie sterben muss. Oder Gezim J., der sich für seine Kinder in Deutschland einen Platz in einer freien Gesellschaft erhofft hatte, nun aber ohnmächtig vor den Trümmern seiner Illusionen steht.

Die Abschiebepraxis geht aber auch an den Vertretern der deutschen Exekutive nicht spurlos vorbei. Auch das wird in “Deportation Class” thematisiert. Die Mitarbeiter der Ausländerbehörde oder die Polizisten, die als Mitglieder sogenannter “Zuführkommandos” nachts die Wohnungen der Geflüchteten stürmen und sie zum Flughafen eskortieren, sind keine Maschinen, die tun, was die Gesetze ihnen diktieren. Es sind Menschen, denen die traurigen Schicksale der Abgewiesenen durchaus nahe gehen.

Bild: Pier 53
Bild: Pier 53

Wer sind aber die Schuldigen in dieser befremdlich anmutenden Abschiebpraxis? Die Politik, die wiederum dem Willen des Wählers untergeordnet ist, dem sie Entschlossenheit und Tatkraft demonstrieren muss? Und die ihre Mittel und Maßnahmen als die einzig möglichen rechtfertigt? Tatsächlich steht die Politik in Gestalt von Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier in keinem guten Licht. Doch mit dem Finger wollen Wendler und Rau auch auf ihn nicht zeigen, auch Caffier bekommt die Möglichkeit, sich zu erklären. “Deportation Class” zeigt die Verhältnisse, wie sie sind, und stellt das komplexe Thema damit zur Diskussion. Das Urteil muss der Zuschauer fällen.