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1978 gab es einen völlig verrückten „Doctor Strange“-Film, den keiner kennt

Da Benedict Cumberbatch dieser Tage als „Doctor Strange“ in die Kinos kommt, werfen wir einen Blick zurück ins Jahr 1978, als Marvels großer Magier in der Pilotfolge einer CBS-Serie total versagte – und wir sprechen mit einem der Stars von damals.

„Es gibt eine Barriere, die das Bekannte vom Unbekannten trennt. Hinter dieser Schwelle liegt ein Schlachtfeld, auf dem sich Gut und Böse in einem ewigen Kampf gegenüberstehen. Das Schicksal der Menschheit hängt von diesem Gleichgewicht ab, und erwartet das Ergebnis.“

So beginnt der Fernsehfilm „Dr. Strange“, der am 6. September 1978 von CBS ausgestrahlt wurde und mit dem das Netzwerk versuchte, den Superhelden-Markt zu übernehmen. „Der unglaubliche Hulk“ mit einem angemalten Lou Ferrigno war im vorangegangenen November erschienen, und auch „The Amazing Spider-Man“ (mit einem der Kids aus „The Sound of Music“ in der Hauptrolle) bescherte dem Netzwerk solide Einschaltquoten.

Aber „Dr. Strange“ war anders. Die Figur war anders, seine Comic-Welt mehr an Science-Fiction orientiert.

„Es hängt damit zusammen, dass man ein für das Fernsehen völlig fremdes Themengebiet behandelt“, erklärte Autor/Regisseur Philip DeGuere im Oktober 1978 dem „Starlog“-Magazin. „Oder, um genau zu sein, für den Film. Wenn die Menschen nicht gerade mit dieser Art Mythos, Folklore oder Märchen und auch nicht mit Fantasy-Literatur vertraut sind, dann ist es schwer, eine solche Geschichte zu verstehen.“

DeGueres Lösung: Der Rückgriff auf eine bekanntere Geschichte.

„Unsere Version ähnelte eher den Geschichten um Merlin und Camelot“, sagte Schauspieler Clyde Kusatsu, der damals Stranges Sidekick bzw. Lehrer Wong (siehe Bild) spielte. „Es war ein guter Versuch. Ich glaube, CBS ahnte damals schon das Marvel-Franchise voraus und war somit der Zeit etwas voraus.“

Das Set-Up ist einfach und zugleich spektakulär kompliziert. Die böse Morgana Le Fay (gespielt von Jessica Walter, bekannt aus „Arrested Development“) versucht, Magier Thomas Lindmer (die britische Legende Sir John Mills hat hier einen Riesenspaß) zu besiegen, um die Weltherrschaft an sich zu reißen. Als Teil ihres Plans ergreift sie von einem Mädchen namens Clea Besitz, die vom Psychiater Stephen Strange (Newcomer Peter Hooten) behandelt wird.

Es gibt einige Psycho-Duelle, Le Fay verschont Strange dabei einmal, weil sie ihn attraktiv findet, und der Film endet damit, dass Strange die Kräfte von Lindmer übernimmt und so zum Superhelden wird, wenngleich auch ein unfertiger.

Auf dem Weg dahin gibt es Dämonen, Ausflüge in Astral-Welten, der Bösewicht ergreift Besitz von einer Katze, und das Superhelden-Kostüm sieht eher aus als wäre es aus „Saturday Night Fever“ als aus einem Comicbuch.

„Wir haben viele Zeichnungen erstellt und versucht, etwas zu finden, das jemand ganz real 1978 getragen hätte“, sagte DeGuere über Stranges Outfit. „Letztendlich arbeiteten wir mit dem Modell ‚Gentleman geht in die Oper‘. Das ist die einzige Gelegenheit, bei der ein moderner Mann ein Cape tragen würde.“

Die Pilotfolge war ein guter Start für eine mögliche TV-Serie, aber „Dr. Strange“ war ein Quoten-Flop, was Erfinder Stan Lee auf die Tatsache schob, dass die Folge im Quotenrennen gegen eine Mini-Serie über Sklaverei antrat, die bis heute eine der höchsten Zuschauerzahlen in der TV-Geschichte erzielte.

Und obwohl die Nebendarsteller sehr stark waren, hat Hooten als Strange einfach nicht den Cumber-Faktor.

„Peter war ein sehr intensiver Schauspieler, man könnte sagen, irgendwie methodisch“, erinnert sich Kusatsu. „Er entschied sich, die Rolle zu spielen… indem er seine Augen benutzt. Aus irgendeinem Grund.“

Der Sender entschied sich dagegen, daraus eine Serie zu machen. Aber obwohl der Film zahlreiche Schwachpunkte hatte – es dauert zu lange bis Strange seine Kräfte hat, der anständig aussehende Held verwirrt seine vierdimensionale übernatürliche Erzfeindin mit seiner Schönheit, das sind nur zwei davon –, hatte er auch einige beeindruckende Elemente: Die etwas bizarren optischen Effekte sind für eine billige Fernsehproduktion von 1978 ziemlich gut.

„Wir hatten nicht die technischen Möglichkeiten, wie sie die Filmemacher heute haben”, sagt Kusatsu. „Wenn man ihn sich also heutzutage ansieht, dann wirkt er irgendwie etwas primitiv. Aber damals war es eher so, dass ‚es für den kleinen Bildschirm funktionieren sollte‘, also für den Fernseher.“

Die Spezialeffekte stellten die Filmemacher vor eine ganze Reihe von Problemen.

„Wir hatten Probleme mit der Kamera, mit den Projektoren, mit den Kablen, mit fehlenden Druckplatten, mit fehlendem Strom – Universal hatte uns sogar ein Studio gegeben, das war aber mehr als vier Meter zu kurz für die 21 Meter Frontprojektionsfläche, obwohl wir das eindeutig erwähnt hatten!“, sagte DeGuere „Starlog“.

Der 93-minütige Film wurde fünf Tage später als geplant fertiggestellt und kostete 45.000 bis 91.000 Euro mehr als geplant.

Aber was der Film erfolgreich vermeiden konnte, waren jegliche ethnische Kontroversen. Kusatsu gesteht, dass es ihn erfreute, fast alle seine Szenen im Anzug statt in „mystischen“ Roben spielen zu können.

Und während es eine Stimme ohne Körper namens The Ancient One gibt (es gibt auch eine Nameless One), stimmt der Schauspieler zu, dass Mills‘ Lindmer die eigentliche äquivalente Rolle zu Tilda Swintons Figur im neuen Film ist, die so kritisiert wurde.

Aber wird sich Kusatsu an der Kinokasse anstellen, um den britischen Schauspieler Benedict Wong in der gleichen Rolle zu sehen, die er spielte?

„Ja natürlich“, sagt er. „Der Grund ist vollkommen eigennützig – ich durfte den ersten machen, allerdings fürs Fernsehen, und vor fast 40 Jahren. Ich sehe darin keine verpasste Möglichkeit, aber hey, ich durfte Teil einer Pionierarbeit für diese ganze Franchise-Bewegung sein. Man ist eine historische Fußnote, aber es ist besser eine Fußnote zu sein, als überhaupt nichts.“

„Dr. Strange“ gibt es nun erstmals auf DVD.

Bilder: Universal, CBS, OutNow, Getty

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