Europas bedeutende Filmfestivals: Die Berlinale im Vergleich mit Cannes und Venedig

Im Filmgeschäft gelten nach wie vor Berlin, Cannes und Venedig als die wichtigsten Festivals der Welt, auch wenn Veranstaltungen wie in Toronto oder das Sundance Festival immer bedeutender werden. Für viele Cineasten spielen Europas drei alte Filmfestspiele eine größere Rolle als Auszeichnungen wie der Deutsche Filmpreis Lola (27.4.), die britischen BAFTA Awards (12.2.) oder die französischen Césars (24.2.).
Ein Vergleich von Berlin, Cannes und Venedig, auch mit Blick auf die bald anstehenden Oscars (26.2.), die immer noch als die wichtigsten Filmpreise der Welt gelten:


Wann, wo, wer?

BERLIN: 62. Internationale Filmfestspiele Berlin, vom 9. bis 19. Februar; Jury-Chef: der britische Regisseur Mike Leigh (68).

CANNES: 65. Festival de Cannes, vom 16. bis 27. Mai; Jury-Chef: der italienische Regisseur Nanni Moretti (58).

VENEDIG: 69. Mostra internazionale d'arte cinematografica vom 29. August bis 8. September; Jury-Chef wird erst im Frühling benannt. 

Die Preise

BERLIN: Goldener Bär
CANNES: Goldene Palme
VENEDIG: Goldener Löwe

Die Festivals bei den Oscars 2012

BERLIN: Die Berlinale drückt mehrfach die Daumen bei den Oscars. Der Gewinner des Goldenen Bären 2011 ("Nader und Simin - Eine Trennung" von Asghar Farhadi) steht ebenso wie "Bullhead" von Michaël R. Roskam (Sektion Panorama) im Rennen um den "besten nicht-englischsprachigen" Film. Insgesamt hat die Academy of Motion Picture Arts and Sciences acht Beiträge der Berlinale 2011 und 2012 in verschiedenen Kategorien nominiert. Die Bausch-Hommage "Pina" von Wim Wenders aus dem Wettbewerb 2011 ist als "bester Dokumentarfilm" nominiert. 

CANNES: Hier erlebte 2011 der französische Stummfilm "The Artist" seinen Durchbruch. Hauptdarsteller Jean Dujardin gewann den Preis als bester Schauspieler. Nun ist der Film von Michel Hazanavicius für insgesamt zehn Oscars nominiert und großer Favorit. Dagegen hat die beste Schauspielerin von Cannes 2011, Kirsten Dunst ("Melancholia"), keine Oscar-Nominierung erhalten. Das Werk von Skandalregisseur Lars von Trier ist überhaupt kein einziges Mal nominiert. Der Goldene-Palme-Gewinner "The Tree Of Life" von Terrence Malick kassierte dagegen drei Oscar-Nominierungen, der Eröffnungsfilm "Midnight in Paris" von Woody Allen sogar vier. 

VENEDIG: Dass Michael Fassbender, der 2011 für seine Rolle eines Sexsüchtigen in "Shame" den Schauspielerpreis Coppa Volpi gewann, bei den Oscars keine Nominierung bekam, ist völlig unverständlich. Auch der Eröffnungsfilm, George Clooneys "The Ides of March - Tage des Verrats", dessen Hauptdarsteller Ryan Gosling manche Medien schon als Oscar-Gewinner sahen, ging bei den Nominierungen leer aus. Dafür erhielt der Wettbewerbsfilm "Dame, König, As, Spion" immerhin drei Nominierungen. 

Wie alles begann

BERLIN: Die Berlinale wurde 1951 in einer von Krieg und Blockade gezeichneten Stadt gegründet. Das Festival verstand sich lange als Aushängeschild des Westens und im Kalten Krieg als Treffpunkt für Künstler aus Ost und West. Heute oft außereuropäisch orientiert. 

CANNES: Das Festival wurde 1946 gegründet, auch wenn es Ansätze bereits vor dem Weltkrieg gab. Wegen der Mai-Unruhen erzwangen 1968 Filmemacher wie Jean-Luc Godard und François Truffaut einen Abbruch. Skandalträchtig - das bewies zuletzt Lars von Triers Pressekonferenz 2011 ("Ich bin ein Nazi"). 

VENEDIG: Das Filmfestival gilt mit seiner Gründung 1932 als das älteste der Welt. Zunächst stand Diktator Benito Mussolini Pate. Seine große Zeit hatte es in den 50er und 60er Jahren. Seit ein paar Jahren wieder im Aufwind. Fundgrube für Film-Liebhaber. 

Kritiker tadeln...

BERLIN: zu ausufernd (etwa 400 Filme in zehn Sektionen) und selbstüberschätzend.
CANNES: exklusiv und arrogant.
VENEDIG: altmodisch und heruntergekommen.

Kritiker loben...

BERLIN: hip und cool, oft sperrig, aber meist interessant.
CANNES: Glamour und Prestige. Muss man hin - die Côte d'Azur im Mai ist viel angenehmer als der eiskalte Potsdamer Platz im Februar. 
VENEDIG: Romantisch und wunderschön. Auf dem Lido im Spätsommer ist es nicht so angestrengt politisch wie an der Spree im Winter.