“127 Hours” – Ein Blick in die tiefsten Gefühle

Worum es geht
Der Film erzählt die wahre Geschichte des lebensgefährlichen Abenteuers, in das der Bergsteiger Aron Ralston (James Franco) gerät: Während seiner Wanderung im Canyonland National Park rutscht er ab und fällt in eine enge, abgelegene Felsspalte. Ein Felsbrocken stürzt dabei auf seinen Arm, sodass er sich nicht mehr befreien kann und in dem abgelegenen Canyon eingeklemmt bleibt. Der Film von „Slumdog Millionaire"-Regisseur Danny Boyle zeigt wie Ralston für fünf Tage mit der Situation, sich selbst und seinen inneren "Dämonen" kämpft. Schließlich aber Mut und Mittel findet, sich aus der schrecklichen Situation zu befreien.

Eine herausfordernde Vorlage

Die besten Geschichten schreibt das Leben selbst - leider aber auch die grausamsten. An einem Freitagabend im April 2003 fuhr der 26-jährige Aron Ralston nach Utah, um im atemberaubend schönen Canyonland zu wandern. Dieser Tag sollte sein ganzes Leben verändern: wenige Stunden später fand er sich gefangen unter einem herabgestürzten und unbeweglichen Felsbrocken wieder, ausgerüstet mit sehr knapper Verpflegung und nur wenigen Tropfen Wasser. Ralston hatte keine Nachricht hinterlassen. Niemand wusste, wo er sich zu jenem Zeitpunkt befand. Ganze 127 Stunden war er gezwungen in dieser Situation zu verharren. Aber schließlich schaffte er es sich aus dieser totbringenden Situation zu befreien - in dem er seinen Arm abschnitt.


Ein Ein-Personen-Film
Aufwendige Kamerafahrten über die atemberaubende Landschaft des Canyon National Parks, stimmungsvolle und emotionsgeladene Filmmusik, ein lebensfroher junger Mann, der mit seinem Mountainbike die Berge erklimmt - seine Freiheit und das Leben genießt. So sehen die ersten Bilder von „127 Hours" aus, bevor es in die enge Tiefe geht. Mit dem Sturz des jungen Bergsteigers beginnt der dramatische Hauptteil des Films. 90 Minuten handeln quasi nur von einer Kulisse und einem Schauspieler — das klingt zunächst nicht gerade wie ein neuer Kinokassenschlager.

Mit dem Sturz des Protagonisten ändert sich die Stimmung im Film komplett. Aus Landschaftsbildern und ausgelassener Atmosphäre wird ein dramatischer, actionreicher Film: „Wir hatten uns vorgenommen, einen Actionfilm zu drehen, in dem sich der Held nicht bewegen kann", sagt Regisseur Danny Boyle. Gesagt, getan - dank des unglaublich facettenreichen Schauspielers James Franco und dem intensiven Einsatz der subjektiven Kamera hat er dieses Ziel erreicht.
James Franco hatte kein Gegenüber auf das er reagieren konnte, keine Gesprächspartner für Dialoge, keinen Handlungsraum um sich zu entfalten. Die Handlung spielt sich im Wesentlichen in seinem Kopf ab und das konnte Franco lediglich durch Monologe und seine Mimik zum Ausdruck bringen: Fantasie, Traum, Verzweiflung, Hoffnung, Liebe, Reue, Mut, Freude, Ausweglosigkeit und Lebenswille ausgedrückt von einem großartigen Schauspieler auf einem engen Raum, ohne Bewegung, mit Close-Ups und einer Handkamera.

„Es war als ob ich lernen müsste mit meiner Umgebung zu spielen, mit dem Felsen, der Schlucht und der Kamera", so Franco. Die Kamera schaut tief hinein in seine ursprünglichsten Gefühle. „127 Hours" ist ein noch nie dagewesenes Genre: ein dramatischer, actionreicher, humorvoller Film - dargestellt durch einen bewegungsunfähigen Schauspieler in einem Felsspalt.


Eine unglaubliche Wirkung
„Ich wollte weniger eine reale Person porträtieren als versuchen, diese menschliche Erfahrung spürbar zu machen", sagt James Franco selbst über seine schauspielerische Leistung. Dieses persönliche Ziel hat der 32-Jährige absolut umgesetzt: Der Zuschauer fühlt mit ihm, leidet, lacht und weint mit ihm. Und gerade weil man jede Emotion miterlebt und fühlt, wirkt der Film psychisch und sogar physisch sehr lange nach. „127 Hours" nimmt den Zuschauer mit auf eine Achterbahnfahrt der Gefühle, in 90 Minuten durchlebt er ein auf und ab der Gefühle, die in einem Menschen aufkommen, der dem Tod ins Auge blickt. Diesen Film muss man sehen.

Bilder: ddp