“Rapunzel”: Interview mit Alan Menken

Die Songs zu "Die Schöne und das Biest" und einige Disney-Hits mehr stammen aus Alan Menkens oscarprämierter Komponistenfeder. Auch für "Rapunzel" wurde er wieder kreativ. Wir sprachen mit ihm über alte und neue Hits - und lauschten dem Meister am Klavier...

Acht Oscars hat der Mann zu Hause rumstehen. Das muss man sich mal vorstellen! Bekommen hat sie der heute 61-Jährige für Filme bzw. Filmmusiken und -songs, von denen Disney-Fans einige auf Anhieb mitsummen könnten, weil sie zu den Klassikern gehören. Einen Award gab es z.B. für den Soundtrack von "Pocahontas", einen für den "Arielle"-Song "Unter dem Meer", weitere für die Musik zu "Aladdin" und "Die Schöne und das Biest". Arrogant oder gelangweilt hat das Menken aber nicht. Er ist aufmerksam, sehr freundlich und greift beim Interwiev zu seinem neuesten Film mit Begeisterung in die Klaviertasten, um seine größten Hits zum besten zu geben.

Yahoo: Was macht mehr Spaß zu komponieren: das Liebeslied oder der Song für den Schurken?

Alan Menken: Ich denke, bei "Rapunzel" war es das Liebeslied. Weil es so zentral ist für die Musik des gesamten Filmes. Das Lied des Bösewichts war diesmal bizarrerweise der Song der Mutter. Das ist lustig, aber ganz anders als die restliche Musik..

Yahoo: Oh ja, der Song der Mutter ist klasse....

Menken: [spielt das schmissige "Mother knows best" am Klavier an] Klingt nach Broadway, oder?

Yahoo: Ja. Rapunzels "Mutter" hat aber auch was von einer Nachtclub-Sängerin...

Menken: Stimmt! Umgesetzt haben wir das mit Donna Murphy, die eine mehrfache Tony-Award-Gewinnerin [wichtigster Theaterpreis in den USA] ist. Ich kenne sie schon seit Beginn ihrer Bühnenkarriere.

Yahoo: Gewöhnlich schreiben Sie Musik für Filme, bei denen sich die Zuschauer glücklich und wohl fühlen - zumindest am Ende. Hatten Sie jemals Lust, etwas richtig Dunkles, Bedrohliches, also ganz anderes zu machen?

Menken: O ja, hab ich auch schon - zum Beispiel der Song "Höllenfeuer" im "Glöckner von Notre Dame"... [Menken spielt den Song an]

Yahoo: Haben Sie Favoriten unter all den Songs, die Sie für Disney komponiert haben?

Menken: Nein, das sind alles meine Kinder, alles meine Favoriten für immer. Ich wünschte ich hätte einen. Nein, eigentlich wünsche ich mir das nicht, weil jedes so einzigartig ist und für sich selbst steht. [Menken spielt einige an von "Arielle" bis "Die Schöne und das Biest"] Ich liebe sie alle.

Yahoo: Wie kann man sich das mit dem Komponieren so vorstellen - z.B. bei "Rapunzel"? Sitzen Sie am Klavier und denken an Mädchen mit superlangen Haaren? Oder gibt Ihnen Disney Richtlinien vor?

Menken: Nein, sie engagieren mich, damit ich in mich gehe und etwas finde. Ich dachte an ihre Haare, an ihren Turm und an ihr Verlangen nach Freiheit. Das brachte mich schließlich auf den Song „Chelsea Morning" von Joni Mitchell [singt es an]. Dadurch kam ich zu diesem Thema [Menken spielt es an]. Ich liebte Folkrock, als ich aufwuchs. Diese Musik wurde zur grundlegenden Inspiration für diesen Film.

Yahoo: Folgt die Filmmusik immer der Handlung oder ist es manchmal auch umgekehrt? Dass also Sie als Komponist etwas einbringen, das dann die Handlung inspiriert?

Menken: Es ist ein Geben und Nehmen. Mein Job ist es eine musikalische Palette zu erschaffen, die die Geschichte erzählt. Denn die Geschichte wird durch die Songs erzählt. Aber Sie haben schon Recht. Wir haben z.B. der Anicht, dass wir unbedingt noch einen komischen Song brauchen. Das führte dann zu dem Zwischenstopp in der Kneipe, den Rapunzel und Flynn auf ihrer Reise einlegen, mit diesen ganzen finsteren Burschen. Dadurch brachten wir noch etwas ganz anderes ein neben den anderen individuellen Songs.
[Rapunzel bringt die knallharten Kriminelle in der Kneipe mit Charme und Unschuld dazu, über ihre Träume zu singen. Definitiv eine der lustigsten Szenen im Film - Anm. d. Red.]

Yahoo: ..ist auch ein witziger Song geworden

Menken: Dankeschön!

Yahoo: In Deutschland interpretieren andere Sänger ihre Songs auf Deutsch. Nehmen Sie Einfluss an diesem Prozess, damit die Interpretation nicht zu unterschiedlich ausfällt?

Menken: Nein, die Interpretation der Songs unterscheidet sich kaum von Land zu Land. Die Wörter ändern sich natürlich. Disney hat das mal zusammengestellt - ein Song in verschiedenen Sprachen. Da sieht (hört) man: Die Umsetzung bleibt sehr konsistent, eben abgesehen von der Sprache. Was wir machen ist die Grundlage und die wird dann in verschiedene Sprachen umgesetzt.

Yahoo: Komponieren Sie schon wieder für einen nächsten Film?

Menken: Nein, ein Film steht gerade nicht an. Im Moment bin ich noch mit dem Musical "Sister Act" beschäftigt, das übrigens bald in Hamburg Premiere feiert. [Das Musical basiert auf dem gleichnamigen Film, Menken hat die Musik komponiert - Anm.d.Red.] Am Broadway fand die Premiere statt und in London wurde es auch gespielt. Das sind meine aktuellen großen Projekte: "Sister Act" und ein Musical namens „Leap of Faith", das gerade in Los Angeles gestartet ist. Aber ich bin sicher, ich werde bald wieder an einem Film arbeiten. Da bin ich ziemlich zuversichtlich.

Yahoo: Das hoffen wir!

Menken: Ich auch...