Die Zukunft des Kinos – Filme schauen in 4D und 5D

Wenn es Bratwürstchen regnet und Mettwürstchen schneit, dann sind wir nicht im Schlaraffenland. Wenn im Kino der Sitz ruckelt oder es plötzlich nicht nach Popcorn oder Nachos riecht, sondern nach salzigem Meer, während auf der Leinwand die Wellen tosen, sind wir nicht im falschen Film, sondern in einem 4D oder sogar 5D Kino.

4D oder 5D bedeutet aber nicht, dass auf der Leinwand zu der dritten Dimension noch eine weitere hinzukommt, sondern nur, dass weitere Sinne beim Zuschauer während der Filmvorführung angesprochen werden. In einem 4D Kino können die Kinosessel vibrieren, es kann regnen, nieseln oder schneien. Ein Wind kann pfeifen, Schauspieler oder künstliche Figuren können im Raum etwas veranstalten, und in einem 5D Kino kann es darüber hinaus nach etwas duften oder stinken.

Alles mit dem Ziel, das Kinoerlebnis für den Zuschauer zu intensivieren und die Illusion, man sei Teil des Filmgeschehens, zu verstärken.
Die Bezeichnung 4 D ist relativ neu, der Versuch, dem Zuschauer mehr zu bieten, als das pure Leinwandgeschehen aber nicht. 1929 wurde in einem New Yorker Kino Orangenblütenparfüm im Saal versprüht, während das Musical „The Broadway Melody" ausgestrahlt wurde. 1959 wurde der Horrorfilm „The Tingler" gezeigt und das Publikum bekam während der spannendsten Momente leichte Stromstöße. Der Produzent William Castle bekam viel Aufmerksamkeit für seine ausgefallenen Gimmicks während der Vorführungen, wie aufblasbare Skelette oder professionelle Kreischer.

1960 entwickelte Mike Todd das „Glorious-Smell-O-Vision-System". Über fünfzig Gerüche, die als Konzentrat in Metall-Ampullen aufbewahrt wurden, wurden durch Schläuche zu den Sitzen geleitet. Ein kompliziertes Kontrollsystem steuerte die Anlage. Neben der Tonspur gab es eine "Geruchsspur". Signale auf dem Film löste die Geruchsverbreitung aus. Doch alles in allem scheiterte das Projekt. Der Versuch, die verbreiteten Düfte durch eine geruchlose Chemikalie zu neutralisieren, führte zu Chaos und Verwirrung bei den Zuschauern. „The Scent of Mystery" - der einzige Film in diesem Verfahren - lief 1960 nur in drei amerikanischen Städten und entpuppte sich als finanzielles Desaster.

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Ein anderes sehr frühes und witziges Experiment in die gleiche Richtung war John Waters Film „Polyester" von 1981. Zum Film wurden „Schnüffelkarten" verteilt und jeder Zuschauer war aufgefordert, an einer bestimmten Stelle im Film auf der Karte den entsprechenden Duft frei zu rubbeln. Die sogenannte „Odorama" Karte hatte zehn verschiedene Geruchsrichtungen: Rose, Furz, Modellbauklebstoff, Pizza, Benzin, Stinktier, Gas, neues Auto, dreckige Schuhe und Lufterfrischer.

Durch eine Zahl am Rand der Leinwand wurde angezeigt, in welche Duftnote die Nase eingetaucht werden sollte. Diese Form der „Erlebniserweiterung" nannte sich Odorama-Verfahren und Kinos weltweit versuchten sich darin. 1989 wurde im Grand Rex in Paris während des Films „Im Rausch der Tiefe" (Le Grand Bleu) der Geruch von Meer im Kinosaal versprüht.

Und am 3. Mai 2012 soll „Spy Kids - Alle Zeit der Welt" (Regie: Robert Rodriguez) in deutschen Kinos unter Anwendung einer Rubbelkarte mit acht unterschiedlichen Duft-Feldern ausgestrahlt werden. Grundsätzlich besteht die Problematik des Verfahrens darin, dass ein Geruch nicht rechtzeitig vor dem Einsatz des Nächsten verflogen ist.

Es gibt die technische Verbesserung der 3D-Technik und des Sounds auf der einen Seite, und den Versuch, das Kinoerlebnis mit anderen Mitteln zu verstärken, auf der anderen Seite. Ob das nötig ist, muss jeder für sich selbst beantworten. In Deutschland wird ein mehr als 3-dimensionales Kinoerlebnis unter anderem in Berlin, Warnemünde direkt am Leuchtturm und Wilhelmshaven angeboten. Seit 2003 gibt es auch das „Magic Cinema 4D" im Europa-Park Rust. Und einige moderne Kreuzfahrtschiffe bieten es an.

In Korea sind 4D-Kinos verbreiteter. Dort wurde „Avatar — Aufbruch nach Pandora" (2009, Regie: James Cameron) laut Variety unter Anwendung von dreißig zusätzlichen Effekten wie z.B. Laser, Wind, Rauch und beweglichen Sitzen vorgeführt. Obwohl die Tickets mehr als das doppelte gekostet haben, waren auch diese Filme immer ausverkauft.

Allein die 3D-Technik bedeutet eine große Herausforderung für Filmemacher. Um räumliche Tiefe herzustellen, müssen Filme anders produziert werden. Das kostet zehn bis dreißig Prozent mehr. Es werden neue Kameras mit zwei Objektiven benötig. Für "Avatar" hat Regisseur Cameron einen Spezialisten zu Rate gezogen, der mit Sony eine neue Kamera entwickelt hat. Auch die Effekte werden komplizierter. Im Gespräch mit Stern.de sagte Rob Legato, der die Spezialeffekte in „Titanic", „Armageddon" und „The Aviator" mitentwickelte: "Es wird schwieriger, die Leute zu täuschen. Ein Naturbild an eine Wand zu malen und so zu tun, als sei das eine Landschaft, das funktioniert nicht mehr. Effektdesign wird durch die neue Tiefe des Bildes wesentlich komplizierter."

Filmschaffende werden die Entwicklung der vier unterschiedlichen digitalen 3D-Verfahren XpanD (bzw. NuVision), RealD, Dolby Digital 3D und Doppelprojektion weiter voran treiben. So viel steht fest. In wieweit sich aber das „Fühlkino" und „Riechkino" in Zukunft durchsetzen wird, bleibt zu beobachten. Wer unbedingt einen Schleudersitz möchte, sollte vielleicht lieber die Geisterbahn aufsuchen. Und findet der wahre Film nicht sowieso im Kopf statt?

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