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Filmkritik Cannes-Special – „The Paperboy” mit Nicole Kidman und Zac Efron (Im Wettbewerb)

Worum es geht
Amerika, 1969 - Sie will den Mann, die Journalisten den Pulitzer: Die durchgeknallte Charlotte Bless (Nicole Kidman) liebt einen Mann hinter Gittern. Hillary Van Wetter (John Cusack) sitzt wegen angeblichen Mordes an einem Sheriff ein und erwartet die Hinrichtung. Charlotte wendet sich an die beiden Reporter Yardley Acheman (David Oyelowo) und Ward Jansen (Matthew McConaughey) aus Florida. Während Yardley lediglich an einer guten Story interessiert ist, zieht es Ward immer tiefer in den Fall und er riskiert sogar sein Leben für dessen Aufklärung. Zusammen mit seinem Bruder Jack (Zac Efron), der gerade aus dem College geflogen ist, und der trashigen Blondine Charlotte, versuchten sie den Fall neu aufzurollen.

Hollywoods A-List beweist Mut
Die Handlung klingt nach einem Standard-Thriller mit Starbesetzung. Matthew McConaughy spielt mal wieder den Anwalt, sein kleiner Bruder ist Zac Efron - Star aus Disneys „High School Musical" und für den weiblichen Charme sorgt Hollywood-Lady Nicole Kidman. Wer aber die Arbeit von Regisseur Lee Daniels ("Precious — Das Leben ist kostbar", 2009) kennt, der kann erahnen, dass „The Paperboy" mit Sicherheit alles andere ist, als ein mit Klischees beladener Film, aus dem Hause Hollywood. „The Paperboy" ist ein erotisches, spannendes Drama. Das nicht nur den Rassismus in den 60er Jahren in Amerika von einem anderen Blickwinkel aus beleuchtet, sondern auch eine andere Seite dieser A-List Schauspieler Hollywoods zeigt. Zac Efron bricht in „The Paperboy" endlich mit seinem Teenstar-Image. Auch Nicole Kidman bedient ein anderes Rollenfach. Sie ist die trashige Blondine. Völlig oversexed und geradezu ein Groupie von Männern mit einer brutalen Seite, die im Gefängnis einsitzen. Es macht Spaß ihr zuzuschauen, auch wenn die Figur teilweise ein wenig zu durchgeknallt wirkt. Die Szene, in der Nicole Zac Efron aufs Gesicht pinkelt, löste kurz nach der Pressevorführung eine wahre Diskussion auf Twitter aus. Ging Regisseur Lee Daniels damit zu weit?

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Bezug zum eigenen Leben
Eine Frage, die jeder Zuschauer für sich beantworten muss. Jedenfalls traut er sich was. Er hat einen Standpunkt, er hat Mut und das zeigt er mit „The Paperboy" deutlich. Und auch die Figuren sind in ihrer Schrillheit authentisch. Wahrscheinlich, weil Lee Daniels mit jeder Figur in seinem wahren Leben in einer Beziehung steht. Sein Bruder saß selbst im Gefängnis, seine Schwester war eine der Frauen, die täglich Briefe an Männer im Knast schrieb und seine Familie arbeitete früher im Haushalt — als sogenannte „Help" bei Weißen. In „The Paperboy" spielt Macy Gray das afro-amerikanische Dienstmädchen der Familie Jansen. Sie wird von der Familie geliebt, ist ein Mutterersatz für Ward und Jack. Hier unterscheidet sich „The Paperboy" deutlich von dem Film „The Help" mit Emma Stone. Hier werden Dienstmädchen ausgegrenzt, schlecht behandelt. Lee Daniels hingegen wollte eine andere Seite zeigen, wie er sie aus Gesprächen mit seinen Vorfahren kennt. Ebenfalls mutig und gekonnt ist der Einsatz von Matthew McConaughey. Denn er wird nicht als Zugpferd für den Verkauf des Films in den Vordergrund gedrängt. Er beweist Mut zur Hässlichkeit, spielt einen Homosexuellen mit einem Hang zum Alkohol. Es klingt immer ein wenig platt, aber so haben Sie Matthew McConaughey wirklich noch nie gesehen.

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Fazit: Was Lee Daniels anfasst, wird zu Gold. Nach „Precious — Das Leben ist kostbar" kommt mit „The Paperboy" ein weiterer außergewöhnlicher Film auf den Markt. Ein Film, mit einer ganz eigenen Atmosphäre, mehreren Ebenen und einer ganz große Liebe zum Detail. Definitiv einladend für mehrfaches Ansehen. Für mich ist „The Paperboy" definitiv ein heißer Anwärter auf die diesjährige Goldene Palme. Originell, mutig, spannend und aufwühlend — das ist Lee Daniels neuer dramatischer Thriller, der mich auch nach zwei Tagen nicht loslässt.

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